MBTI® Nutzung in der falschen Welt
Der Myers-Briggs-Typenindikator® (MBTI®) ist einer der bekanntesten sogenannten Persönlichkeitstests weltweit. Doch während seine Popularität unbestritten ist, herrscht häufig Verwirrung darüber, ob er für Personalentscheidungen und Recruiting geeignet ist.
Die klare Antwort lautet: Nein der MBTI® ist nicht für die Eignungsdiagnostik geeignet!
Der MBTI® wurde nicht für die Personalauswahl entwickelt und erfüllt nicht die Anforderungen an ein eignungsdiagnostisches Verfahren. Die Myers-Briggs Company®, die die Rechte am MBTI® besitzt, stellt dies auf ihrer offiziellen Webseite selbst klar:
„Can the MBTI® assessment be used for selection or hiring? No. The MBTI® assessment is not intended for use in selection of job candidates, nor for making internal decisions regarding job placement, selection for teams or task forces, or other similar activities.“ (Quelle)
Warum also ist der MBTI® trotzdem so weit verbreitet? Und warum ist er nicht für das Recruiting geeignet?
Der MBTI® Einstieg in die eigene Persönlichkeit für Anfänger
Der MBTI® ist ein niederschwelliger Einstieg für Menschen, die sich noch nie ernsthaft mit dem Thema Persönlichkeit befasst haben. Und die sich auch nicht wirklich fundiert mit dem Thema befassen möchten. Er hilft ihnen dabei, einige wenige, sehr leicht verständliche Unterschiede zwischen Menschen kennen zu lernen und gibt ihnen eine rudimentäre Sprache für einige dieser Unterschiede.
Ein einfaches Beispiel: Wenn ein Kind verstehen soll, wie Windenergie funktioniert, gibt man ihm nicht gleich eine High-Tech-Windturbine zur Analyse, sondern eine kleine Windmühle aus dem vorletzten Jahrhundert. Genauso kann der MBTI® eine erste Orientierung bieten, um sich selbst und andere besser zu verstehen – etwa in Coaching- oder Teamworkshops.
Der theoretische Hintergrund des MBTI® stammt aus der analytischen Psychologie von Carl Gustav Jung, die er bereits 1913 formulierte. Das ist also ein historischer Vorläufer moderner Persönlichkeitsmodelle und kein aktuell wissenschaftlich weiterverfolgter Ansatz.
Warum der MBTI kein geeignetes Instrument für die Personalauswahl ist
In der Eignungsdiagnostik und für das Recruiting gelten jedoch ganz andere Anforderungen an Tests und Fragebögen. Hier geht es nicht um Selbstreflexion, sondern um die Vorhersage beruflicher Leistung. In der Eignungsdiagnostik geht es insbesondere um ein Gütekriterium, die prädiktive Validität – ein Kriterium, dem sich der MBTI® gar nicht stellen möchte. Die Myers-Briggs Company® schreibt dazu:
„Given that it is not appropriate for selection, there have (appropriately) been no meaningful studies evaluating the MBTI®’s ability to predict job performance. Established researchers in the field of predicting job performance would not use the MBTI® assessment for this purpose.“
Daher sei nur der Vollständigkeit der Information halber an dieser Stelle auf einige zentrale Schwachstellen des MBTI® in diesem Kontext hingewiesen:
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Fehlende Vorhersagekraft für berufliche Leistung
- Der MBTI® gibt keine verlässlichen Hinweise darauf, wie gut jemand eine bestimmte Aufgabe erfüllen wird. Es gibt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass MBTI®-Ergebnisse mit Job-Performance oder Eignung für bestimmte Berufe korrelieren.
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Vergleiche von Bewerbenden untereinander oder mit Anforderungen sind nicht möglich
- Menschen werden in unterschiedliche Typen eingeteilt. Die durch die Typen ausgedrückten Merkmale sind nicht dimensional und werden nicht an einer Vergleichsstichprobe ausgerichtet. Ein Mensch, der für sich mehr extra- als introvertiert ist, kann trotzdem im Vergleich mit anderen Menschen nur wenig extravertiert sein. Für die Eignungsdiagnostik reicht deshalb die Gliederung in Typen nicht aus. Ein eignungsdiagnostisches Verfahren muss Ergebnisse liefern, die klar beantworten, ob ein Merkmal im richtigen Maße vorhanden und ausgeprägt ist für die Anforderungen einer Stelle.
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Die Kategorisierungen betreffen nicht die eignungsdiagnostisch wichtigen Merkmale von Personen
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Der MBTI® teilt Menschen in 16 Typen ein, die für die Selbsterfahrung und die Harmonie im Umgang mit anderen Menschen eine Rolle spielen. Für die Eignungsdiagnostik reichen diese Merkmale nicht aus.
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Die Kategorisierungen beruhen auf Selbstauskünften
- Auch wenn der MBTI® oft als Typentest bezeichnet wird, testet er doch niemanden. Selbst wenn eine Person eher den Typ „Thinking“ hat, sagt dieses MBTI®-Ergebnis nichts über die Intelligenz aus, also über die Fähigkeit nachzudenken. Das ist aber für die Eignungsdiagnostik ein ganz entscheidendes Merkmal.
MBTI: Vielleicht eine Hilfe zum Nachdenken über sich und andere – aber nie für das Recruiting
Heißt das, der MBTI® ist völlig nutzlos? Nein, er mag eine Berechtigung haben – aber eben nicht in der Eignungsdiagnostik. Auch dazu machen die Leute von der Myers-Briggs Company® klare Angaben:
„The MBTI® assessment builds an understanding of strengths and blind spots. It also helps people understand how they might differ from one another. It is valuable for individuals and teams as they tackle such challenges as communication, handling conflict, managing change, making decisions, being a leader, or changing careers.”
Wichtig ist hier die Formulierung: „… hilft, Menschen zu verstehen, wie sie sich vielleicht von anderen unterscheiden…“
Da auch das umstritten ist, aber hier nicht mein Thema, lasse ich das einmal weitgehend unkommentiert. Nur diese Anmerkung muss ich machen: Auch bei Themen wie „managing change“, „being a leader“ oder „changing careers“ darf es ausdrücklich nicht um die Entscheidungen über Menschen in Bezug auf ihre Einstellung, Entlassung oder Platzierung gehen.
🔎 Fazit: Wer Eignung wirklich messen will, braucht wissenschaftlich fundierte Diagnostik – nicht Typentests
Wer fundierte und faire Personalentscheidungen treffen möchte, braucht wissenschaftlich abgesicherte Verfahren. Hier können die DIN 33430 und die ISO 10667 zur Eignungsdiagnostik zu Rate gezogen werden. Sie helfen dabei, dass Auswahlverfahren nicht nur transparent und valide sind, sondern auch Chancengleichheit fördern und Unternehmen wirklich die am besten zu ihnen passenden Talente sichern.
Aber Achtung: Die DIN 33430 ist selbst kein Produktstandard – aber das ist ein anderes Thema, das wir hier auf eignungsdiagnostik.info auch erklären.
Wer einen ganz niederschwelligen, simplen und die menschliche Komplexität stark reduzierenden Einstieg sucht: MBTI® mag für Selbstreflexion und Teamentwicklung genutzt werden – aber niemals für die Auswahl neuer Mitarbeitender.
Und das sagt nicht nur die wissenschaftliche Community, sondern sogar die Organisation, die den MBTI® weltweit vermarktet.
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