Eignungsdiagnostik verstehen: Drei Giraffen unterhalten sich in großer höhe, aber verstehen sie sich?

Eignungsdiagnostik verstehen

Die Sprache der „Eignungsdiagnostik“ ist nicht immer leicht verständlich, aber Eignungsdiagnostik zu verstehen ist nicht nur für RecruiterInnen, sondern für alle Personalverantwortliche wichtig. Viele Fachbegriffe gibt es auch in der Alltagssprache. Sie werden aber nicht immer im gleichen Sinn wie in der Umgangssprache eingesetzt. Zum Glück hilft da die DIN 33430 „Anforderungen an berufliche Eignungsdiagnostik“.

Nicht umsonst gibt es zu jeder Norm, ob DIN oder ISO, ein Pflichtkapitel. In Kapitel 2 werden die Begriffe erklärt. Zumindest wenn sie in einer Norm sehr spezifisch oder manchmal sogar vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichend genutzt werden.  

Auch die DIN 33430 schlägt zu einigen in der Personalauswahl relevanten Begriffen Definitionen vor, die ich in diesem Beitrag noch mit ein paar erklärenden Hinweisen ergänzen möchte.  Zu ein paar weiteren Begriffen möchte ich auch noch etwas schreiben.  Einige sind in der Psychologie oder Statistik fachsprachlich definiert, einige kann man nach Duden gebrauchen. Aber auch dann gilt, dass man sich auf eine Bedeutung einigen sollte. Damit man sich verstehen kann und gemeinsam immer bessere Lösungen findet, halte ich ganz persönlich eine gemeinsame Sprache für sehr nützlich.

Anforderungen

Bei den Anforderungen fängt es schon an. Anforderungen sind nicht in der DIN 33430 im Glossar definiert, man muss schon mehrere Teile dieser Norm lesen, um zusammenzusuchen, was Anforderungen alles sein können. Wichtig um Eignungsdiagnostik zu verstehen.

Demnach sind Anforderungen sensorische, motorische, kommunikative oder interaktive, emotionale oder kognitive Aufgabenstellungen, auszuübende Tätigkeiten, zu erreichende Zielsetzungen sowie Rahmenbedingungen, die bei der Ausübung einer Tätigkeit, beim Ausfüllen einer Position, dem Absolvieren einer Ausbildung oder dem Ausüben eines Berufes zu beachten sind. Anforderungen werden von der jeweiligen Aufgabenstellung implizit oder auch von Fürhungskräften explizit an den Menschen gestellt.

Und natürlich wird das Wort „Anforderungen“ im DIN Normtext mit zwei Bedeutungen gebraucht: einmal im Sinne der Anforderungen, die, wie gerade beschrieben, an Menschen gestellt werden und zweitens im Sinne der Anforderungen, die die Norm an berufsbezogene Eignungsdiagnostik stellt.

Anforderungsanalyse

Die Anforderungsanalyse ist der erste Begriff im Kapitel „Begriffe“.
Sie ist so definiert: „systematische Analyse der Anforderungen und der Motivations- / Demotivationspotenziale der beruflichen Tätigkeiten mit dem Ziel der Ermittlung derjenigen Eignungsmerkmale von Personen, die bedeutsam dafür sind, dass sie die erforderliche Leistung erbringen oder mit dem zu besetzenden Arbeitsplatz, dem Aufgabenfeld, der Ausbildung bzw. dem Studium oder dem Beruf zufrieden sind sowie die Festlegung der dafür erforderlichen Ausprägungsgrade dieser Eignungsmerkmale“.

Diese Definition lautet so, weil die Normungsarbeit zwingend vorschreibt, dass jede Definition so geschrieben werden muss, dass sie selbst an jeder Stelle im Text für das Wort, das definiert wird, eingesetzt werden kann und der Text trotzdem sinnvoll bleibt. Die einfache Folge solch einer Vorschrift ist, dass man kann kein einzelnes Wort durch zwei Sätze definieren darf.

Man könnte die Bedeutungen des Wortes Anforderungsanalyse zur besseren Verständlichkeit auch so auflisten:

  1. Sie ist eine systematische Analyse
  2. Diese Analyse hat zum Gegenstand:
    a) die Anforderungen von beruflichen Tätigkeiten
    b) die Motivations- und die Demotivationspotenziale dieser beruflichen Tätigkeiten
  3. Diese Analyse hat das Ziel, die Eignungsmerkmale von Personen zu ermitteln, die dafür bedeutsam sind, dass sie
    a) die erforderliche Leistung erbringen oder
    b) bei der Ausübung der Tätigkeiten zufrieden sind.
  4. Des weiteren enthält das Ergebnis einer solchen Analyse auch eine Festlegung der für die Aufgabenstellungen angemessenen Ausprägungsgrade der ermittelten Eignungsmerkmale.
  5. Insgesamt geht es bei einer derartigen Analyse um zu besetzende Arbeitsplätze, berufliche Aufgabenfelder, Ausbildungen bzw. Studiengänge oder um ganze Berufe.

Zum Kontext

Zu dem Begriff der Anforderungsanalyse gibt es in der DIN 33430  zwei Anmerkungen:

„Anmerkung 1 zum Begriff: Absehbare zukünftige Entwicklungen in Technik, Wirtschaft, Gesellschaft sowie innerhalb der Organisation sollten in einem weiteren Schritt analysiert werden, um abzuschätzen, ob sich möglicherweise Tätigkeiten, Umfeldbedingungen oder Organisationsmerkmale verändern.“

„Anmerkung 2 zum Begriff: Bereits vorhandene Kompetenzmodelle (2.12) können bei der Anforderungsanalyse als Informationsquelle genutzt werden.“

Eignung

Nach DIN 33430 ist Eignung „der Grad der Ausprägung, in dem eine Person über diejenigen Merkmale verfügt, die Voraussetzung für eine geforderte Leistungshöhe sind.“

Darin schießt die DIN 33430 auch die Zufriedenheit einer Person mit dem jeweiligen zu besetzenden Arbeitsplatz, dem Aufgabenfeld, der Ausbildung bzw. dem Studium oder dem Beruf ein.

Das ist auch eine glasklare Aussage dazu, was Eignung nicht ist: Eignung ist nicht binär: eins oder null, geeignet oder nicht geeignet, sondern Eignung ist der Grad einer Ausprägung, die in einer mehr oder weniger großen Bandbreite varieren kann.

Jemand sei „nicht geeignet“, ist daher eine Aussage, die immer hinterfragt werden kann: Welches Merkmal erscheint für die Ausübung einer Tätigkeit nicht genügend ausgeprägt?

Geht es dabei um ein stabiles Merkmal, das gar nicht trainiert werden kann oder vieleicht eines, das zwar trainiert werden kann, für das aber die zur Verfügung stehende Zeit oder Ressourcen nicht ausreichen? Auf welcher Annahme beruht diese Einschätzung, dass jemand etwas nicht lernen könne? Wie lange wurde schon nach einer perfekten Besetzung gesucht? Wie realistisch sind die Anforderungen?

Das gleiche gilt natürlich für die Aussage, dass jemand geeignet sei. Welche Merkmale erscheinen für die Ausübung einer Tätigkeit genügend ausgeprägt? Sind sie vielleicht in einem Masse vorhanden, das zu einer baldigen Langeweile bei der Ausübung der Tätigkeit führen könnte? Oder eine Frage, die Entscheider häufig vermeiden möchten, wenn sie die vermeintlich perfekte Besetzung an genau den als vorhanden behaupteten Erfahrungen ablesen möchten: „Wenn alle Kompetenzen, die wir brauchen in der aktuellen Position (in einem anderen Unternehmen) vollständig und übertragbar bereits gelernt und angewandt wurden, warum möchte dann jemand überhaupt zu uns wechseln?“  

Das ist wichtig, um Eignungsdiagnostik zu verstehen.

Eignungsmerkmale

Auch der Begriff „Eignungsmerkmale“ wird in der DIN 33430 erklärt:

Eignungsmerkmale sind danach „Qualifikationen, Kompetenzen und Potenziale sowie berufsbezogene Interessen, Bedürfnisse, Werthaltungen, Motive und andere relevante Merkmale einer Person, die die Voraussetzung für die jeweils geforderte berufliche Leistungshöhe und die berufliche Zufriedenheit sind.“

Die Eignungsmerkmale sind also Merkmale von Personen. Personenmerkmale werden fachsprachlich oder umgangssprachlich in unterschiedlichen Begriffen beschrieben. Einige wollen wir genauer ansehen, denn es gibt auch hier wichtige Unterscheidungen. Eignungsdiagnostik nach DIN33430 bedeutet, dass wir nachvollziehbar arbeiten. Dazu gehört, auch in den Gesprächen mit Hiring-Managern, Begriffe verständlich und nachvollziehbar zu benutzen.

Eigenschaften

sind besondere Kennzeichen und Merkmale einer Person oder Sache.

Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnisse

Eine Fähigkeit ist eine natürliche Begabung, ein natürliches Können, eine Tüchtigkeit, ein Talent.

Und damit unbedingt zu unterschieden von einer Fertigkeit. Fertigkeiten sind erlerntes oder erworbenes Können oder eingeübte Geschicklichkeit im Ausüben von Tätigkeiten.

Kenntnisse sind durch aktives oder passives Lernen oder durch Erfahrungen erworbene Wissensinhalte.

Ganz wichtig ist die Unterscheidung zwischen Fähigkeit und Fertigkeit: Eine Fähigkeit ist eine natürliche Begabung, eine Fertigkeit ist erlerntes oder erworbenes Können.

Qualifikation

Qualifikationen sind nach DIN 33430:2016-7 Kap. 2.16 „formal oder informell nachgewiesenes Wissen und Können“.

Eine Anmerkung erklärt dazu, dass es sowohl formal nachgewiesene Qualifikationen, wie Berufsausbildungen oder Studienabschlüsse und informelle Qualifikationen, wie z. Beispiel Referenzen, gibt.

Kompetenzen vs. Potenzial

Ein Oberbegriff zu Wissen und Fertigkeiten ist die Kompetenz: Kompetenzen sind nach DIN33430 „gelernte, wiederholbare Verhaltensweisen und abrufbare Wissensbestände zur erfolgreichen Bewältigung beruflicher Aufgaben.“ 

Und immer wenn keine konkrete Kompetenz zur Verfügung steht, um eine Anforderung zu erfüllen, kann man überlegen, ob Potenzial hier hilft. Auch bei Fachkräften wird es immer wichtiger über kurzlebige Kompetenzen hinaus Potenziale für zukünftige Entwicklungen zu erkennen. Potenzial ist nach DIN 33430 „die Fähigkeit einer Person, ihr bislang nicht vertraute Aufgaben zu bewältigen und Kompetenzen zu entwickeln.“

Dazu gibt es in der DIN 33430 eine Anmerkung, die erklärt, dass der Potenzialbegriff sowohl kognitive als auch motivationale Aspekte umfassen kann und besonders relevant ist, wenn die Eignung von Personen beurteilt werden soll, die sich in neue Aufgabengebiete einarbeiten sollen oder die durch Ausbildung oder Anleitung an neue Arbeitsgebiete herangeführt werden sollen.

Kompetenzmodell

Ein Kompetenzmodell ist nach DIN 33430:2016-7 Kap. 2.12 eine „strukturierte Übersicht über die in einer Organisation besonders wesentlichen Kompetenzen bezüglich der vorhandenen beruflichen Aufgaben oder ausgeübten Tätigkeiten“.

Kompetenzmodelle sind insbesondere in größeren Unternehmen weit verbreitet, jedoch aus fachlicher, eignungsdiagnostischer Sicht nicht unumstritten. Ihr Einsatz ist insbesondere dann zu kritisieren, wenn sie dazu genutzt werden, relevante Anforderungen bei spezifischen Aufgabenstellungen nicht ausreichend zu klären. 

Für alle Personenmerkmale müssen die Eignungsdiagnostikerinnen und Eignungsdiagnostiker sich Gedanken machen, wie viel von einem Personenmerkmal für eine Anforderung richtig und passend ist.

Eignungsdiagnostik

Eignungsdiagnostik ist nicht ausdrücklich in der DIN 33430 definiert.

Der Begriff beschreibt sowohl ein Aufgabenfeld von Führungskräften und HR-Experten als auch eine wissenschaftliche Disziplin. Bei beiden geht es um die Analyse und Abschätzung von Eignung von Menschen für mehr oder weniger spezifische Aufgabenstellungen oder allgemeine Entwicklungsperspektiven und die dazu gehörigen Methoden und Instrumente. Wichtig um Eignungsdiagnostik zu verstehen.

Gütekriterien

Auch der Begriff Gütekriterien ist nicht ausdrücklich definiert, auf sie wird aber ausführlich inhaltlich Bezug genommen.  

Gütekriterien sind die Merkmale eines Instrumentes, Verfahrens oder auch einer Vorgehensweise, bis hin zum Gesamtprozess der Eignungsdiagnostik, anhand derer eine entsprechend qualifizierte Person die Qualität einer Vorgehensweise oder Instrumentes beurteilen kann. Die zentralen Hauptgütekriterien sind die Objektivität, die Reliabilität und die Validität.

Im engeren Gebrauch bei psychologsichen Messverfahren und Instrumenten spricht man auch von Testgütekriterien.

Die Hauptgütekriterien sind in der DIN 33430 definiert.

Gültigkeit (Validität)

Validität oder Gültigkeit ist nach DIN 33430 das Ausmaß, in dem „Interpretationen von eignungsdiagnostischen Informationen zutreffen.“ Validität beschreibt also das Maß, inwieweit Aussagen, die aus einer Informationsquelle resultieren oder Schlussfolgerungen, die aus ihr gezogen werden, stimmen.

Bei der Gültigkeit geht es also genau wie bei Eignung nicht digital um „passt“ oder „passt nicht“, sondern um eine Quantifizierung von Passung, die mehr oder weniger ausgeprägt sein kann.

Je nach Bezugsrahmen werden unterschiedliche Maße der Validität betrachtet:

Die Konstruktvalidität erfasst, in welchem Maße ein Messverfahren einen Messgegenstand so abbildet, wie eine empirisch bewährte Theorie es vorhersagen würde. Persönlichkeit zum Beispiel setzt sich aus so vielfältigen Facetten zusammen dass sie nicht als ein Konstrukt angenommen werden kann. Der Erfassung der Konstruktvalidität kann man sich über diskriminante, also unterscheidende Messung, wie auch über konvergente, also übereinstimmende Messung nähern. 

Zur Erfassung der Kriteriumsvalidität wird betrachtet, in welchem Maße das Ergebnis einer Messung mit einem einer Theorie entsprechenden Außenkriterium in Zusammenhang steht. Hier unterscheidet man je nach Erfassungszeitpunkt zwischen der Übereinstimmungsvalidität und der prognostischen Validität.

Für die Eignungsdiagnostik, die im Wesentlichen die Vorhersage einer in der Zukunft liegenden Arbeitsleistung oder eines Erfolges auf der Basis der Erfassung von Personenmerkmalen in der Gegenwart ist, stellt die prognostische oder prädikative Validität die am meisten relevante Größe dar. Die Prädikative oder prognostische Validität bezieht ein Maß oder eine Einschätzung aus der Gegenwart auf ein in der Zukunft liegendes Kriterium. Sie stellt damit eine besondere Form der Kriteriumsvalidität dar.

Reliabilität

Reliabilität, auch Zuverlässigkeit genannt, ist nach DIN 33430 der „Grad der Genauigkeit, mit dem ein Verfahren ein Merkmal erfasst.“ Dies gilt selbstverständlich für alle Verfahrensklassen und Verfahrensbestandteile.

Objektivität

Objektivität ist der „Grad, in dem die mit einem Verfahren zur Eignungsbeurteilung erzielten Ergebnisse unabhängig von der Person, die sie erhoben hat und von weiteren irrelevanten Einflüssen sind“.

Bei Instrumenten wird unterschieden in Durchführungsobjektivität, Auswertungsobjektivität und Interpretationsobjektivität. 

In der DIN 33430 in Kapitel 2

Folgende weitere Begriffe sind in der DIN 33430 definiert:

Beobachter

Ein Beobachter ist einqualifizierter Mitwirkender, der unter Anleitung, Verantwortung und Fachaufsicht eines Eignungsdiagnostikers an der Durchführung und / oder Auswertung von eignungsdiagnostischen Verfahren zur Verhaltensbeobachtung / -beurteilung und / oder an direkten mündlichen Befragungen (5.3.2) beteiligt ist“.

Auch hier zeigt die DIN 33430 ihren Optimismus. Natürlich gibt es auch Beobachter, die auf ihre Aufgabe nicht vorbereitet sind, aber nach der DIN 33430 ist jede Beobachterin und jeder Beobachter qualifiziert für das, was sie tun. Vielleicht gibt es deshalb für Beobachter/innen auch ein Bildungsangebot der DIN Akademie.

Item

Nach Din 33430:2016-7 ist „Item“ die „Bezeichnung für ein einzelnes Element eines messtheoretisch fundierten Fragebogens oder Tests.“

Normwerte

Normwerte sind nach DIN 33430:2017-7 Kap. 2.13 „Vergleichswerte (z.B. gewonnen auf der Basis von Mittelwerten und Standardabweichungen oder Prozenträngen), die anhand einer Vergleichsgruppe (z. B. Kandidaten bestimmter Alters-, Bildungs- oder Berufsgruppen) empirisch ermittelt wurden und mit denen die vorliegenden Ergebnisse der Kandidaten verglichen werden“.

Situational Judgement Test

Nach DIN 33430:2016-7 Kap. 2.17 ist ein Situational Judgement Test (SJT) eine „spezifische Form eines messtheoretisch fundierten Tests, der eignungsrelevante Situationen vorgibt und als Antwort die Wahl von Handlungsmöglichkeiten und / oder die Bewertung der Angemessenheit oder Wirksamkeit verschiedener Handlungsoptionen erhebt.“ Situational Judgement Tests schlagen eine praktische Brücke zwischen objektiven Persönlichkeitstests, die sich in der Praxis kaum durchsetzen, und den gängigen aber eben auf Selbstoffenbarung abzielenden Persönlichkeitsfragebögen, die sich zwar großer Beliebtheit erfreuen, aber insbesondere zu dem wichtigsten Gütekriterium in der Personalauswahl, der prognostischen Validität – also der Vorhersage von Arbeitsleistung – nur begrenzt etwas beitragen können. Wichtig beim Einsatz von SJT in der Personalauswahl ist, dass sie sich auf grundsätzliche Verhaltenstendenzen beziehen und nicht auf nur marginal relevante Einzeldetails der Persönlichkeit.

Verfahren

Nach DIN 33430:2016-7 Kap. 2.19 sind Verfahren zur Eignungsbeurteilung praxiserprobte und wissenschaftlich abgesicherte Erkenntnismittel, die in kontrollierter Weise zur Eignungsbeurteilung eingesetzt werden“. Diese Definition wirf das Problem auf, dass Anbieter von ungeeigneten Verfahren, insbesondere wenn sie sogenannte künstliche Intelligenz nutzen, einfach für sich in Anspruch nehmen können, dass die DIN 33430 für ihre Verfahren nicht anwendbar ist. Das ist jedoch nicht der Fall. Der Verfahrensbegriff nach DIN 33430 meint natürlich nicht nur diejenigen Verfahren, für die die Praxiserprobung und wissenschaftliche Absicherung auch tatsächlich nachgewiesen sind, sondern schließt auch solche Verfahren, Tools und Vorgehensweisen ein, für die eine Fundierung nur behauptet ist. Er bezieht also alle Aktivitäten, die Informationen zu Entscheidungspunkten beitragen, ein. Dazu gehören insbesondere auch die Dokumentenanalyse, mündliche Befragungen, Vorgehensweisen zur direkten Verhaltensbeobachtung und -beurteilung, messtheoretisch fundierte Fragebögen und messtheoretisch fundierte Tests. Und solche Verfahren, die eine wissenschafltiche Fundierung oder praktischen Nutzen für sich in Anspruch nehmen. Dies wird insbesondere in den Ausführungen in Kapitel 5.1 „Kategorisierung von Verfahren“ erklärt.

Jenseits der DIN 33430

Weitere Begriffe, die im eignungsdiagnostischen Kontext oder in der Norm benutzt oder erklärt werden, ohne dass die DIN 33430 sie ausdrücklich definiert und die helfen Eignungsdiagnostik zu verstehen.

Kriterium

Ein Kriterium ist ein Kennzeichen im Sinne eines unterscheidenden Merkmals. Ein Kennzeichen ist ein Merkmal, an dem man eine Person oder Sache erkennen kann. Der Begriff Kriterium kann auch ein Entscheidungsmerkmal bezeichnen.

Operationalisierung

Operationalisierung ist die Konkretisierung eines abstrakten oder allgemeinen Begriffes durch Beschreibung mit beobachtbaren Kriterien.  (siehe Kriterium: Ein Kriterium ist ein Kennzeichen im Sinne eines unterscheidenden Merkmals. Ein Kennzeichen ist ein Merkmal, an dem man eine Person oder Sache erkennen kann. Ein Kriterium ist auch ein Entscheidungsmerkmal.)

Verhaltensanker

Verhaltensanker sind weder Kompetenzen noch Potenziale noch Kriterien, noch Fähigkeiten oder Fertigkeiten o.ä.. Sie müssen auch nicht das Verhalten sein, das wir in einem Interview oder in einer AC (Assessment Center) Übung oder im Rollenspiel tatsächlich beobachten. Verhaltensanker ist ein Begriff auf einer anderen Ebene. Verhaltensanker sind Beispiele von Verhalten, die der Operationalisierung von unterschiedlichen Ausprägungsgraden von Verhalten dienen, das beobachtet und dokumentiert werden soll.

Motive

Motivation ist insgesamt ein sehr komplexes Thema. Motive wirken sowohl verhaltensbeeinflussend als euch verhaltenauslösend. Sie sind daher für die Eignungsdiagnostik relevant. Für die Vorhersage von Arbeitsleistung hat sich die Motivationsvariable „Interesse“ als besonders relevant herausgestellt. 

Für technisch und kognitiv einfache Aufgabenstellungen und Anforderungen gilt insbesondere, dass Interesse an einer Tätigkeit oder Aufgabenstellung sich als einzelner Prädiktor komplementär zur Intelligenz verhält.

Gefühle

Gefühle sind ein komplexes Thema der Psychologie. An dieser Stelle sei nur darauf hingewiesen, dass sie weder im Sinne von Erlebnis noch von (Ausdrucks-) Verhalten als Betrachtungsgegenstand im Sinne von Personenmerkmalen für die Eignungsdiagnostik wirklich geeignet sind. 

Intelligenz

Intelligenz bezeichnet  im Wesentlichen die Fähigkeit durch eigene Denkleistung für Aufgabenstellungen und Probleme – insbesondere für neuartige – Lösungen zu erarbeiten. Sie ist daher bei den oben beschriebenen Eignungsmerkmalen am besten dem Potenzial zuzuordnen. Intelligenz hat sich in vielen empirischen Untersuchungen konsistent als das einzelne Persönlichkeitsmerkmal etabliert, das die stärkste Vorhersagekraft für Arbeitsleistung zulässt. Die gezeigten Zusammenhänge sind um so stärker, je komplexer berufliche Aufgabenstellungen sind. 

Je geringer die Komplexität einer Aufgabenstellung ist, desto stärker wird die Wirkung von Interesse an der Aufgabenstellung.

Intelligenz wird unter vielen unterschiedlichen Begriffen erfasst und gemessen. General Mental Ability, Lernagilität oder Informationsverarbeitungskompetenzen sind gängige Bezeichnungen. Umgangssprachlich wird in der Autonation Deutschland auch häufig der Begriff PS zwischen den Ohren genutzt. 

Gemessen wird sie am besten durch Intelligenztests. Wir werden an dieser Stelle dazu bald einen eigenen Beitrag schreiben. 

Persönlichkeit

Ein Riesenthema in der Psychologie. Persönlichkeit ist ein Begriff, unter dem ganz vielfältige Personeneigenschaften und Merkmale zusammengefasst werden. Von der Intelligenz über Motive und Werte, bis hin zu vielfältigen einzelnen Persönlichkeitsmerkmalen wie Feldabhängigkeit, oder auch emotionale Stabilität. Kurz gesagt ist die Persönlichkeitspsychologie das Teilgebiet der Psychologie, das alle geistigen und seelischen Merkmale zum Gegenstand hat, in denen sich Menschen unterscheiden. Daher  wird auch oft der Begriff „differentielle Psychologie“ benutzt. Zur Persönlichkeit finden Sie mehr hier auf Eignungsdiagnostik.

Messtechnisch wird Persönlichkeit oft reduziert auf Typentests, die für die Eignungsdiagnostik und die Personalauswahl überhaupt nicht zu gebrauchen sind. 

Der Zugang zur Erfassung der Persönlichkeit über den lexikalischen Ansatz der Big Five, oder auch des OCEAN Modells, stellt ebenfalls eine Reduktion von Persönlichkeit auf einige wenige Dimensionen dar, deren prognostische Validität für Arbeitsleistung bisher in erster Linie für die Gewissenhaftigkeit nachgewiesen ist. 

Die sogenannten Big Five –  Offenheit , Gewissenhaftigkeit (Conscientiousness), Extroversion (vs. Introversion), Verträglichkeit (Agreeableness) und Neurotizismus, sind eigentlich nur Big Two: Gewissenhaftigkeit und Intelligenz, siehe oben, die oft aus der Erfassung der Persönlichkeit komplett ausgeschlossen wird. 

Auch andere Persönlichkeitsmodelle, die häufig auch unter den Begriff Emotionale Intelligenz daher kommen, blieben bisher einen überzeugenden und konsistenten Nachweis ihrer Relevanz für die Prognose von Leistung schuldig.

Daher sind bei einer Entscheidung zum Einsatzes von einzelnen Skalen oder Fragebogenbatterien der Persönlichkeitsdiagnostik immer die konkreten für die Aufgabenstellung relevanten Anforderungen heranzuziehen.  

Anmerkungen der Publisher dieser Seite:

Praktische Lösungen zum Recruiting und zur Eignungsdiagnostik finden Sie hier:

Laufend weitere Vertiefungen und  Themen rund um Personalentscheidungen und die dazu gehörenden Eignungsbeurteilungen hier auf eignungsdiagnostik.info.

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