Denn: Denken macht den Unterschied
Ein Elefant ist im Raum. Und niemand sieht ihn. Kann nicht sein, denken Sie? Doch: Der Elefant heißt Intelligenz, oder wahlweise auch „General Mental Ability“ (GMA).
Wir sprechen von Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Informationsverarbeitung oder von kognitiven Fähigkeiten. Schmidt und Hunter haben sie und ihre Messung 1996 in einer großen Metaanalyse als bedeutsame Dimension für die Personalarbeit vorgestellt. Und in mehreren weiteren Studien und Publikationen weist Frank L. Schmidt von der Universität Iowa wiederholt nach, zuletzt 2016 zusammen mit In-Sue Oh und Jonathan A. Schaffer:
Intelligenz ist der wichtigste Prognosefaktor
Intelligenz ist der wichtigste einzelne Faktor, wenn Sie die den Leistungsbeitrag von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Personalauswahl voraussagen möchten. Intelligenzmessung ist für das Thema Personalauswahl die große Konstante in der Wissenschaft und zugleich das Stiefkind in der Praxis.
“Intelligenz ist für die Eignungsdiagnostik die große Konstante in der Wissenschaft und zugleich das Stiefkind in der Praxis“ schreibt Harald Ackerschott in “Denken macht den Unterschied“ Klick um zu TweetenReflektieren wir kurz, worüber wir sprechen. Allgemeine geistige Fähigkeit – oder eben Intelligenz – ist die Fähigkeit Bedeutung wahrzunehmen, Verständnis zu entwickeln, Zusammenhänge zu erkennen und auch sich Wissen zu erarbeiten und anzuwenden.
Intelligenz ist somit die Fähigkeit, die Anforderungen der Umgebung und die daraus resultierenden Aufgaben oder Herausforderungen zu erkennen und sich an diese anzupassen. Mit Hilfe unserer Intelligenz können wir Veränderungen erkennen, daraus resultierende Aufgabenstellungen verstehen und unseren Aktionsradius erweitern. Wir können durch sie auch völlig neuartige Herausforderungen bewältigen, für die wir noch keine fertigen Lösungen im Handlungsrepertoire haben.
Intelligenz und Change
Die Intelligenz der mitwirkenden Menschen ist die wichtigste einzelne Ressource, wenn es darum geht Veränderungen zu bewältigen. Stephen Hawking wird dazu so zitiert: „1N73LL1G3NC3 15 7H3 4B1L17Y 70 4D4P7 70 CH4NG3″ im Klartext: „Intelligence is the ability to adapt to change“. Auf Deutsch: „Intelligenz ist die Fähigkeit, sich auf Veränderungen einzustellen.“ Das Zitat stellt selbst die Aufgabenstellung dar, einen merkwürdigen Buchstaben- und Zahlensalat zu dechiffrieren, also einen neuen Code zu erkennen und den Sinn dahinter zu verstehen. Eine Aufgabe, die man mit Denken löst.
Tom Watson, der CEO, der IBM über viele entscheidende Jahre prägte, ist bekannt dafür, dass er hinter seinem Schreibtisch ein großes Schild hatte, das seine Besucher sofort sahen, mit nur einem Wort darauf und einem Ausrufungszeichen: T H I N K !
Watson und IBM, da klingelt es bei Ihnen? Ja genau, er ist auch der Namenspatron für die neue „Denkmaschine“ von IBM, die künstliche Intelligenz Watson, die 2011 Spielshow Meister in Jeopardy schlug. Sie ist der Nachfolger von Deep Blue, die schon 1997 Gary Kasparow schlug. Aber nicht nur Spiele sind Watsons Thema, sie trägt auch immer mehr zu Analysen bei, die Vorstände bedeutender Unternehmen bei der Entscheidungsvorbereitung unterstützen. Inzwischen ist Watson die AI Platform von IBM. Ich hoffe, dass es noch eine Weile dauert, bis Watson die KI die Anweisungen gibt, aber das ist ein anderes Thema.
Intelligenzmessung für Personalentscheidungen
Warum also führt die Intelligenzmessung so ein Schattendasein in der Personalauswahl? Woher kommt das? Ich sehe zwei Gründe dafür, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Zum einen hat Intelligenz im Laufe der Zeit ganz klammheimlich eine stark wertende Konnotation bekommen. Wer besonders intelligent ist, sieht Zusammenhänge schneller und wenn eine solche Person dann nicht auch noch ganz besonders sozialkompetent ist, dann kann sie kühl und sachlich, aber auch unberechenbar wirken und ihre Umgebung überfordern.
Umgekehrt ist es natürlich nicht schön, wenig intelligent zu sein. Realität ist, die meisten Menschen bewegen sich irgendwo zwischen diesen beiden Extremen. Doch die Extreme prägen unsere Wahrnehmung. Und dass im Amerkanischen Intelligenz auch noch einfach für Information steht und daher die CIA „Central Intelligence Agency“ heißt, das hat dem Ruf der Intelligenz auch nicht gutgetan: Intelligenz ist halt gut für Spione (schlau, verschlagen, kalt „berechnend“), das ist aber niemand, den man sich als Kollegen oder Kollegin wünscht, niemand für das normale Arbeitsleben auch wenn man hier meist auch „rechnen“ muss.
“Dass die CIA Central Intelligence Agency heißt, hat dem Ruf der Intelligenz nicht gut getan: wer wünscht sich schon einen Spion zum Kollegen?“ schreibt Harald Ackerschott in “Denken macht den Unterschied“ Klick um zu TweetenIntelligenz ist eine Gabe
Der zweite Grund ist, dass sie wie auch eine andere Eigenschaft, die Schönheit, eine individuelle geschenkte Eigenschaft, eine Gabe ist. Niemand kann wirklich etwas dafür, extrem intelligent oder wunderschön zu sein und nur in Grenzen kann jemand an sich arbeiten, der oder die es nicht ist. Und bei beidem gilt: es ist leichter, sich zum Negativen zu verändern als zum Positiven.
Für Personalentscheider entsteht so eine atmosphärisch unangenehme Situation. Sei spüren die Ungerechtigkeit, wenn sie kognitive Fähigkeiten zum Maßstab nehmen. Auch wenn man feststellen kann, dass Menschen für eine bestimmte Aufgabe nicht die benötigten kognitiven Fähigkeiten haben, wird man niemanden ins Gesicht sagen: „Sie sind nicht schlau genug“. Das macht man natürlich nicht. Der Faktor Intelligenz leidet also unter einem drastischen Vermarktungs-Nachteil. Zudem fühlt man sich unwohl, sich bei einer Entscheidung so sehr auf einen einzelnen Faktor zu verlassen.
Das ist meine Interpretation für die aktuelle Situation: der Markt ist überschwemmt von einer Vielzahl von sogenannten Persönlichkeitstests, die jede Betrachtung von für die Arbeitsleistung besonders relevanten Personenunterschieden komplett außer Acht lassen und sich auf eine Vielzahl sonstiger Persönlichkeitsmerkmale konzentrieren. Denn wie wir wissen, ist die Intelligenz ebenfalls eine Dimension der Persönlichkeit, das wird nur in so gut wie allen marktgängigen Persönlichkeitssystemen unterschlagen; inklusive der so oft als wissenschaftlich besonders fundiert beschriebenen Big Five-Modelle. Es ist verführerisch, diesen Dimensionen nachzugehen, sie tief zu ergründen, komplexe Kompetenzmodelle daraus zu stricken. Ja, es macht sogar Spaß. Aber man kann sich als Entscheider damit selbst aufs Glatteis führen.
Eine kurze Vertiefung
Es gibt unterschiedliche Maße für Intelligenz, die in ihrer Kombination verschiedene Aussagen darüber ermöglichen, ob jemand eine anstehende Aufgabe erledigen kann, bei der sachliche Informationen zu verarbeiten sind und bei der auf der Basis von Sachzusammenhängen Entscheidungen getroffen werden müssen. Die Grundlage ist der Faktor „g“, der Generalfaktor, der die Basis für andere spezifischere Intelligenzmasse oder kognitive Fähigkeiten oder Fertigkeiten ist, wie numerische (Zahlen-) oder verbale Intelligenz genauso wie räumliches Vorstellungsvermögen oder logisches Denken.
Unterhalb der Schwelle einer leistungsrelevanten Grundkompetenz ist die Erfolgswahrscheinlichkeit aber sehr gering, eine Aufgabe angemessener Zeit und mit guter Qualität zu lösen. Liegt die Intelligenz weit über der Anforderung, macht die Aufgabe schnell keinen Spaß mehr.
… und gute Nachrichten:
Intelligenz: nicht je mehr desto besser:
Für die aktuellen Themen der Eignungsdiagnostik gibt es zum Thema Intelligenz mehrere sehr gute Nachrichten:
Erstens die Tatsache, dass die wenigsten Aufgaben wirklich Unmengen an Intelligenz erfordern. Und der Intelligenteste ist bei weitem nicht nicht immer der Beste für eine Aufgabe. Für jede Tätigkeit gibt es eine Schwellenintelligenz. Sie brauchen keinen Arnod Schwarzenegger zum Eier sortiren, auch wenn Eier Sortieren eine Hebeaufgabe ist.
“Du brauchst keinen Arnold Schwarzenegger zum Eier sortieren“ schreibt Harald Ackerschott in “Denken macht den Unterschied“ Klick um zu TweetenIntelligenz kennt kein Geschlecht
Und das ist der zweite Teil der guten Nachricht:
Menschen unterscheiden sich, aber alle ganz individuell und nicht zwischen den Geschlechtern: Bei der richtig gemessenen Intelligenz gibt es keinen Gender Bias. Der Vergleich zwischen Thomas und Lisa, zwischen Arnold und Cynthia oder Marie und Mary ist fair, transparent und alle haben die gleiche Chance, auch wenn alle unterschiedliche Ergebnisse haben.
Aufgaben unterscheiden sich
Es gilt für jeden Menschen die richtigen Aufgaben zu identifizieren und umgekehrt. Unabhängig von Geschlecht, Alter, sozialer Herkunft und wozu es sonst noch Stereotype und Biases gibt.
Der ausschlaggebende Punkt bei der Intelligenz ist: Sie kann andere Fähigkeiten ersetzen oder ergänzen. Mit Intelligenz können Sie sehr viele fachliche Aspekte zum Teil sehr schnell bis zu einer notwendigen Tiefe erlernen. Die Intelligenz ist deshalb die Schlüsselkompetenz, ja, eine Art Meta-Kompetenz, die Mutter aller Persönlichkeitsmerkmale, die alle anderen Merkmale beeinflusst, beziehungsweise ihnen zugrunde liegt. Es gibt kein anderes Persönlichkeitsmerkmal mit einer solchermaßen durchschlagenden Bedeutung. So kann man das Messen von Intelligenz bei Bewerberinnen oder Bewerbern auch nutzen, um den Fachkräftemangel in den Griff zu bekommen, indem man schaut, wer die neuen, seltenen Skills besonders schnell lernen kann.
Gibt es deshalb nichts anderes mehr, was zählt? Natürlich gibt es Prädiktoren jenseits von „g“. In Führungsaufgaben beispielsweise spielen mehr als auf jeder anderen Ebene die Motive und Ziele, Werte und Ansprüche des Einzelnen eine wichtige Rolle bei der Vorhersage der Leistung. Aber die Anpassung dieser Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensstile können nur entsprechend der Spezifität der Rolle und Funktion beschrieben und gemessen werden. Die zugrundeliegende Intelligenz hingegen ist allgemeingültig – und leicht messbar.
Und auch wenn der Bedarf an Intelligenz durch Erfahrung und Alter und eine enger werdende Spezialisierung mit einer wachsenden Wissensbasis abnehmen kann, so hängen doch die Anpassungs- und Veränderungsfähigkeit sowie die Leichtigkeit, während der gesamten Karriere neue Kompetenzen zu erwerben und neue oder sich verändernde Märkte zu verstehen, alle von dieser einen Variable ab.
Obwohl die Forschungsergebnisse zeigen, dass Intelligenz oder allgemeine geistige Fähigkeiten die wichtigste Rolle bei der beruflichen Leistung spielen, scheint es mit der Umsetzung dieses Wissens in die Tat zu hapern. Insbesondere bei der Beurteilung für Positionen im oberen oder obersten Management gibt es Berührungsängste. Doch so routinemäßig wie es ist, einen Gesundheitscheck in einem wichtigen Führungsauftrag durchzuführen, so sollte auch der Check der Gehirnfunktionen sein: Standard und Routine.
Das alles haben wir uns nicht allein ausgedacht, sondern ist Ergebnis von vielen Jahren Forschung in den Arbeitswissenschaften und der Psychologie.
Es gibt viele einzelne Quellen, die zu lesen Sie viele Jahre von Ihrer eigentlichen Arbeit fernhalten würde.
Für an Hintergründen besonders interessierte deutschsprachige Leserinnen und Leser empfehlen wir insbesondere:
Eine Bestandsaufnahme internationaler und nationaler Forschung
Allgemeine Intelligenz und beruflicher Erfolg in Deutschland
Vertiefende und weiterführende Metaanalysen Jochen Kramer
Sonderdruck aus: Psychologische Rundschau, 60 (2), 82–98 © Hogrefe Verlag Göttingen 2009
Für alle, die auch komplexe Themen gern auf Englisch lesen, empfehle ich persönlich die im Text genannten Metaanalysen.
Anmerkung der Publisher dieser Seite:
Praktische Lösungen finden Sie hier:
Darüber hinaus gibt es laufend weitere Vertiefungen und Themen rund um Personalentscheidungen und die dazu gehörenden Eignungsbeurteilungen hier auf eignungsdiagnostik.info.
Wir möchten, dass Sie als Unternehmerin oder Unternehmer bzw. als Führungskraft, die Möglichkeit haben, ihren Erfolg durch noch bessere Personalentscheidungen weiter zu steigern. Dafür haben wir unsere in vielfältigen, auch internationalen Einsätzen gewonnene langjährige Erfahrung und nützliche Erkenntnisse aus der Wissenschaft in die Konstruktion unser Online Assessment Systems einfließen lassen:
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[…] Später dann aber, wenn es um die konkrete Methodenkombination im Management-Audit geht, stoßen eignungsdiagnostische Tests v.a. kognitiver Art oft „auf wenig […]
[…] gebe. Und dann könne er die große Bandbreite erklären und dass die Unterschiede in den Tests auch etwas mit den Unterschieden in der Leistungsfähigkeit zu tun […]
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